Dienstag, 27. April 2010

Nicht-Sein

Wenn jegliche Wahrheit, heilsam, wertvoll und sinnvoll, also die Positivität selbst ist, dann können wir diese Liebe ja erfahren, wenn wir einfach die Wahrheit erfahren. Ich bin nicht der einzige, der behauptet, die Wahrheit sei jegliche Positivität, auch Sartre hat das gesagt: "Jegliches Sein ist ausschließlich Positivität. Nur das Nicht-Sein ist negativ. Durch die menschliche Realität, kommt das Bewusstsein und der Verstand ins Spiel und durch den Menschen existiert das Sein des Nicht-Seins."(Nach Sartre, aus Das Sein und das Nichts)

Die Wahrheit ist einfach das unverfälschte Dasein ansich und wenn wir das Seinsphänomen dieses Daseins wahrnehmen, nehmen wir die Wahrheit war. Wie ist es möglich, etwas anderes, als die Wahrheit zu erfahren? An sich hört sich das ja eigentlich unmöglich oder paradox an, aber dadurch, dass man Phänomene im Menschen als Nicht-Sein erfahren kann, erfährt man mit der Erfahrung dieses Nicht-Seins auch nicht das, was wir als Wahrheit bezeichnen wollen. Was ist dieses Nicht-Sein?

Jede Frage ist eine Variante der Erwartung: "Ich erwarte eine Antwort von dem befragten Sein. Das heißt, auf der Grundlage einer der Frage vorausgehenden Vertrautheit mit dem Sein erwarte ich von diesem Sein eine Enthüllung seines Seins oder seiner Seinsweise. [...] Man sieht aber, dass es immer möglich ist, auf Fragen dieser Art mit "nichts" oder "niemand" oder "niemals" zu antworten. Also gebe ich in dem Augenblick, in dem ich frage [...], grundsätzlich die Möglichkeit einer negativen Antwort zu [...] das bedeutet, dass wir bereit sind, dem transzendenten Faktum der Nicht-Existenz eines solchen Verhaltens konfrontiert zu werden. [...] So ist die Frage eine zwischen zweierlei Nicht-Sein geschlagene Brücke: Nicht-Sein des Wissens im Menschen, Möglichkeit des Nicht-seins im transzendenten Sein. Schließlich impliziert die Frage die Existenz einer Wahrheit. [...] Kurz, die Wahrheit führt, als Differenzierung des Seins, ein drittes Nicht-Sein als für die Frage bestimmend ein: das begrenzende Nicht-sein. Dieses dreifache Nicht-sein bedingt jede Frage [...]"(Sartre, Das Sein und das Nichts, S.39-40)

Zunächst kann man sagen, dass das Nicht-Sein existiert, denn "Die Realität der Negation zerstören heißt außerdem die Realität der Antwort verschwinden lassen."(Sartre, Das Sein und das Nichts, S.39) Folglich existiert das Nicht-Sein und man kann zunächst sagen, dass das Nicht-sein die Negation des Seins ist. "Die permanente Möglichkeit des Nicht-seins außer uns und in uns bedingt unsere Frage über das Sein. Und es ist wieder das Nicht-sein, das die Frage eingrenzt: was das Sein sein wird, hebt sich notwendig vom Hintergrund dessen ab, wa es nicht ist. Was auch immer diese Antwort sein mag, sie kann so formuliert werden: "Das Sein ist dies und außerhalb dessen nichts.""(Sartre, Das Sein und das Nichts, S.40)

Das Sein an sich, also das An-sich-sein, ist volle Positivität und enthält in sich gar keine Negation. Wie kann es dann ein Sein des Nicht-Seins geben? Das ist doch paradox! Sicher ist zunächst, dass das Nicht-Sein in den Grenzen menschlicher Erwartung immer erscheint. "Die Welt entdeckt ihre Beispiele von Nicht-sein nur dem, der sie zuerst als Möglichkeiten gesetzt hat."(Sartre, Das Sein und das Nichts, S.41) Wenn der Mensch ein Sein als zerstörbar erfasst, dann setzt das ein begrenzendes Abtrennen eines Seins im Sein voraus, was, wie wir anlässlich der Wahrheit gesehen haben, schon Nichtung ist. Das bedeutet also, dass ich etwas nichte, wenn ich ein Sein im Sein abtrenne: Ich trenne ein Sein vom ganzen, dass heißt vom kompletten Dasein. Sobald ich also unterscheide, nichte ich, denn jegliche Unterscheidung zwischen Existenzen trennt diese voneinander. Das bedeutet aber trotzdem nicht, dass das Nicht-sein den Dingen durch das Negationsurteil geschieht: "vielmehr wird das Negationsurteil durch das Nicht-sein bedingt und erhalten."(Sartre, Das Sein und das Nichts, S.46)
"Die Negation ist Existenzverweigerung. [...] Durch sie wird ein Sein oder eine Seinsweise gesetzt und dann ins Nichts zurückgeworfen. [...] Kurz, wenn es überall Sein gibt, so ist nicht nur das Nichts, wie Bergson meint, unfassbar: vom Sein wird man niemals die Negation ableiten. Die notwendige Bedingung dafür, dass es möglich ist, nein zu sagen, ist, dass das Nicht-sein eine ständige Anwesenheit ist, in uns und außer uns, dass das Nichts das Sein heimsucht. Aber woher kommt das Nichts?"(Sartre, Das Sein und das Nichts, S.46-47)
Wir könnten sagen, dass jede Negation Bestimmung ist. Ohne Negation gibt es keine Festlegung der Wahrheit: alles wäre eine totale Unbestimmtheit. Für Heidegger ist jedes Bestimmen Überschreiten, da es Zurückweichen, Einnahme eines Gesichtspunkts voraussetzt.

"Es gibt zahlreiche Haltungen des menschlichen Daseins, die ein Verstehen des Nichts implizieren: Hass, Abwehr, Bedauern usw. Es gibt sogar für das Dasein eine permanente Möglichkeit, sich vor dem Nichts zu befinden und es als Phänomen zu entdecken: die Angst."(Sartre, Das Sein und das Nichts, S.53) Ist Hass ein Verstehen des Nichts? Ja, denn er entspringt der Angst, genauso wie Abwehr und Bedauern. Und die Angst ist das Nichts. Allerdings ist es fälschlich zu sagen, das Nichts sei. "Das Nichts ist nicht, es nichtet sich."(Sartre, Das Sein und das Nichts, S.53)

Es gilt herauszufinden, wie es uns gelingen kann, uns selbst zu belügen oder etwas anderes zu tun, damit wir die Wahrheit nicht wahrnehmen. Wieso können wir diese Positivität, die die Liebe ist, nicht erkennen?

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