Donnerstag, 11. März 2010

Urteile

Ein Urteil ist ein Ur-Teil, also ein Gegenstand, dessen Grund und Wurzel im Verstand liegt. Die Ursache des Urteils ist notwendigerweise mit einer Wirkung sowie der strengen Allgemeinheit verknüpft, dass sie gänzlich verloren gehen würde, wenn man sie von dem, was vorher war, oder der Vorstellung davon ableiten wollte. Das Besondere ist also dass wir die Schöpfer unserer eigenen Urteile sind, und nicht die Liebe. Wir haben die Freiheit, unsere eigenen Urteile unabhängig von der Liebe zu fällen. Bewusste Urteile stammen aus dem Streben, sich der Gegenstände durch sie bewusst zu machen.
Es gibt quantitative, qualitative, relative und modale Urteile: Quantitative Urteile vergleichen die Dimension eines Urteils mit jener von anderen Urteilen(z.B.: "Das war eine erleuchtende Erkenntnis"). Qualitative Urteile versuchen die Eigenschaften eines Gegenstands festzustellen.(z.B.: "Der Baum besitzt einen Trieb") Relative Urteile stellen Verbindungen fest.(z.B.: "wenn ich schlafe, träume ich gelegentlich") Modale Urteile ordnen Gegenständen einen Wahrheitswert zu. ("Gott könnte existieren")

Viele Gedanken sind Urteile, denn oft ist ein Gedanke entweder modal, relativ, qualitativ oder quantitativ. Dazu gehören genauso die Wertungen, Einschätzungen, Meinungen, Haltungen, Glaubensmuster und Überzeugungen, wie Interpretationen und Analysen. Jede Erkenntnis, Entscheidung und andere Urteile, die feststellend sind, fließen in das ein, was man Wissen nennt. "Wahr-Nehmungen" sind ebenfalls Urteile. Im Wesentlichen beruhen also alle Gegenstände im Verstand und solche, die vom Verstand ausgehen, letztlich auf Urteilen.

Im Verstand liegt die Urteilskraft. Er ist derjenige, der handelt, auf dessen Kosten gehandelt wird, und der die Handlung beobachtet. Und da jede Handlung im Verstand auf Urteile zurückgeführt werden kann, kann überhaupt alles von Urteilen und damit auch von Gedanken abgeleitet werden: mit Ausnahme der Liebe selbst. Denn sie ist eine von der Urteilskraft unabhängige, in uns wohnende Kraft, ein bedürftiger Trieb, der Inbegriff aller Wahrheit, alles Gutseins, Macht und Glücks. Diese Herzenskraft weiß, ohne denken zu müssen.
Ereignisse im Verstand sind wie Träume. Sie scheinen nicht real und ihr Inhalt ist es auch nicht. Folglich kann man sich keine gehaltvolle Wahrheit denken. Jeder Denker ist darum nichts anderes als ein Träumer. Die einzige Wirklichkeit, die existiert, ist die Liebe. Die einzige Freiheit, die existiert, ist eine Freiheit von Urteilen. Der einzige Wille, der existiert, ist die Entscheidungsfreiheit auf der Grundlage von Urteilen. Die einzige Seele eines Menschen, die existiert, ist die Gesamtheit seiner momentanen Erfahrung. Ästhetik ist nichts anderes als ausgestrahlte Liebe. Ethik bedeutet nichts anderes, als dass man die Vorstellung besitzt, dass jeder Wert in der Liebe liegt. Die Idee des Dualismus entspringt der dualen Beschaffenheit von Verstand und Trieb. Somit sind alle philosophischen Bereiche durch zwei wirkende Prinzipien abgedeckt: die Urteils- und Liebeskraft.

Offenheit ist nichts anderes als eine Offenheit zur Liebe: Reine Offenheit bedeutet ausschließlich der Liebe zu folgen. Hingabe bedeutet nichts anderes als seine Urteile für die Liebe aufzugeben. Die Liebe wiederum ist eine, von uns selbst nicht bewirkte Kraft, ein Trieb, der in uns tief verankert ist, sowohl unsere Wurzel und Grundlage bildet als auch unsere Form. Der Liebe setzt sich das Ego entgegen, das Bewusstsein der exklusiven Personalität. Die Liebe in dir ist keineswegs exklusiv, sondern absolut gleichwertig mit allen anderen Wesen, in jeder Hinsicht. Das Ego benutzt seine Urteile als Entschuldigung für seine Existenz. Die einzigen wesentlichen Unterschiede zwischen den Menschen in dieser Welt sind deren Urteile. Daraus lässt sich die extreme Urteilskraft der Menschen ableiten und ihre Ur-teile scheinen zum Ganzen zu werden. So definiert sich die ganze Welt über ihre selbst erschaffenen Urteile.

Wie sinnvoll das ist und gewesen ist, lässt sich aus der Geschichte ableiten. Alle negativen geschichtlichen Gegebenheiten sind Äußerungen von menschlichem Erleben. Folglich muss es sehr viele negative Erlebnisse geben. Jedes negative Erlebnis entspringt der Unlust. Lust wiederum entspringt der Urkraft der Liebe. Nur Urteile können von der Liebe ablenken und zur Unlust führen. Daher muss jegliche Negativität auf diesem Planeten effektiv durch Urteile enstanden worden sein.

Aggression lässt sich auf die Gefühle der Schwierigkeit, Spannung, Unenentschiedenheit, des Widerstreits, der Last und des Drucks zurückführen, die zum Gefühl der Notwendigkeit eines Kampfes führen. Alle diese Gefühle haben ihre Ursache in den Urteilen und werden dann verstärkt, wenn die Urteile keinen Weg zur Liebe eröffnen.
Das Angstgefühl ist nichts anderes als ein natürliches Notwendigkeitsgefühl für Aufmerksamkeit. Es ist ein unlustbetontes Gefühl, sich um Gegenstände sorgen zu müssen. Unpotenz gegenüber der Angst entspringt den eigenen Urteilen oder der Befürchtung vor den eigenen Urteilen bzw. vor den Urteilen der anderen.
Antipathie oder Hass tritt bei unterschiedlichen Bestrebungen oder Erwartungen zwischen Personen auf, deren Unterschiedlichkeiten oder Ähnlichkeiten auf der Grundlage vorhergehender Urteile zu weiteren bestimmten Urteilen führt, die ein Erlebnis der Abneigung verursachen. Aversion(Abneigung,Ekel & Phobie) ist ähnlich, bezieht sich jedoch auf Reize und Gefühle.
Ärger tritt auf, wenn das Ego bestimmte Gegenstände oder Gefühle durch die eigene Urteilskraft beeinflussen will. Die folgende Entscheidung alleine zu handeln führt allerdings nur zu einer Erschöpfung. Wut und Stress sind z.B. Formen von Ärger.
Behaglichkeit, Gemütlichkeit und Geborgenheit sind Erlebnisse der Liebe.
Desillusion leitet sich von vielen oder wenigen starken negativen Gefühlen ab, die zu Urteilen führen, die die Illusion des Urteils als falsch anerkennen, dabei aber gleichzeitig zu einem Abbruch des Vertrauens führt. Dies kann zu einer Handlungsunfähigkeit, der Resignation führen. Die Folge sind Depressionen, Antriebsschwäche und Ärger.
Einsamkeit bezeichnet die Empfindung, von anderen Menschen getrennt und abgeschieden zu sein. Die Menschen beeinflussen sich gegenseitig. Darum kann beispielsweise deine Urteilskraft zu einer Trennung oder zur Verbindung führen.
Freuden sind Früchte der Liebe.
Heiterkeit bedeutet Frieden und Klarheit, was zu fröhlichen Emotionen führt.
Langeweile ist eine Empfindung der Unlust.
Lampenfieber ist eine Form von Stress, wegen der Angst vor einem Auftritt. Die Ursache hierfür liegt darin, die Dinge durch die eigene Urteilskraft beeinflussen zu wollen, anstatt sich der Angst mit herzlicher Aufmerksamkeit zu widmen.
Scham und Verlegenheit haben ihre Ursache im verschlossenen Urteilsvermögen, das Befangenheit hervorruft, im Gefühl der Verwirrung durch Urteile, sowie der Unsicherheit.
Schuldgefühle entspringen den Urteilen der Schuld.
Sehnsüchte sind Wünsche unseres Herzens, die durch seine Kraft nur dann erreicht werden können, wenn die Urteile uns nicht daran hindern.
Zweifel haben ihre Ursache in der Zwiespältigkeit zwischen Urteils-und Herzenskräften.

Du siehst also dass all deine Gefühle mit deinen Urteilen zusammenhängen. Darum musst du deine Urteile ändern, wenn du dein Leid beenden willst. Inwiefern das geschehen soll, wird dir andauernd gezeigt, doch wenn dein Blickwinkel zu sehr eingeschränkt ist, kann es sein, dass du das alles gar nicht mehr siehst und somit blockiert bist.

Das Paradies ist die reine Liebe. Sobald wir ein einziges Urteil fällen, erleben wir das Urteil statt der Liebe, das wiederum nicht liebevoll sein muss. Darum ist Vergebung so wichtig. Die Menschen um dich herum und du selbst machen andauernd Fehler. Doch sind sie deshalb daran schuld? Zumindest hat es sich keiner von ihnen ausgesucht, und du auch nicht. Wenn du dich selbst von den Urteilen der Schuldzuweisung zu dir selbst und anderen befreist, gibt es zumindest schonmal weniger lieblose Urteile, die du erleben musst. Vergebung bedeutet, dich von diesen Urteilen zu befreien. Es ist ganz egal ob du dich oder andere verurteilst: Du selbst musst dieses unfreundliche Urteil erleben.

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